Iris Huggler ist «Eventtante» aus Leidenschaft: Vom Greenfield via Tourismusfachschule direkt nach Ibiza
Warum Smalltalk-Kaffeepausen unternehmerisch wertvoll sind, früher (nicht) alles besser war und das Feuer der Leidenschaft auch mal eine Wirtschaftsstudentin zum Studiumsabbruch bringen kann.
Sie sitzt gerne am Steuer – solange es nicht wortwörtlich das Steuer eines Autos ist, wie sie selbst sagt. Iris Huggler war 17 Jahre lang die Co-Geschäftsleiterin des Greenfield Festivals, hat damit die Schweizer Festivalszene nachhaltig geprägt und setzt sich an einem warmen Sommerabend am Flughafen Zürich bei uns ins Hertz-Auto, nachdem sie zwei Wochen in Ibiza verbracht hat. Urlaub? Nein – das kann Iris laut eigener Aussage nicht, auch wenn sie es sich immer mal wieder vornimmt. Sie hat sich zwar 2019 aus der leitenden Position des Greenfield-Festivals zurückgezogen, um kürzerzutreten. Auf die Frage, ob ihr das denn gelungen sei, antwortet sie aber mit einem Lachen – und einem selbstverständlichen «Nein, natürlich nicht».
Die Überholspur des Lebens ist ihr Zuhause
Bereits ihr Studium wurde von dem Tatendrang, sich an Events und Projekten zu beteiligen, anfangs überschattet und schlussendlich ausgestochen. Die damals 34-Jährige hatte nach dem KV, der Berufsmatura und einigen Jahren als Angestellte eigentlich gerade ihr Studium angetreten, musste sich dann aber zwischen Universität und Festival entscheiden. Für so manche Studierende ein jährlich wiederkehrender Zwiespalt – so auch für Iris, wenn auch aus einem ganz anderen Beweggrund. Sie entschied sich für die Festival-Laufbahn, die sie mit diesem Entscheid seit gut 20 Jahren begleitet.
Nicht weniger – aber anders:
Nach Jahrzehnten der Festival-Organisation wurden die Gedanken immer stärker, «kürzertreten zu wollen», wie Iris erklärt – und sich sogleich korrigiert: «Oder mich einfach nach so vielen Jahren anderen Projekten und Herausforderungen widmen zu können». Die Überholspur hat die Festival-Pionierin – so nennt sie sich selbst – also nicht verlassen, als sie 2019 ihre Anteile am Greenfield Festival verkaufte. Wäre der Lebensplan ein Navi, könnte man sagen, die Route wurde nur mal eben neu berechnet. Und ohne es damals zu wissen, war dieser Schritt ein Glücksgriff. Denn kurz danach wirbelt die Corona-Krise die gesamte Eventszene auf: Veränderungen auf allen Ebenen folgen, auch für Iris, die mit ihrem Hund Franky auf dem Schoss kurz in gedankliche Ferne abschweift und sich dann an ihren ersten Videocall erinnert: «Das war verrückt. Auch ich musste mich an komplett neue Arbeitsumstände gewöhnen – bei meinem ersten digitalen Meeting hätte ich ja niemals gedacht, dass so etwas funktionieren kann».
Urlaub mit Laptop:
Heute schätzt sie die Vorteile des digitalen Arbeitens – oder doch nicht? «Mein Laptop begleitet mich heute überall hin. Ich kann sogar sagen, dass ich jetzt endlich Urlaub mache: Mit dem Laptop im Gepäck kann ich vormittags mal gut ein paar Dinge erledigen und nachmittags an einem schönen Plätzchen die Zeit mit Familie und Freunden geniessen. Das Arbeiten ganz weglassen kann ich schlichtweg nicht». Und doch folgt der Remote-Arbeiten-Lobrede eine leichte Kritik: «Ich weiss nur nicht, wie sinnvoll es ist, im heutigen Arbeitsalltag von einem digitalen Meeting ins nächste zu springen, ohne Wegzeit, Kaffeepausen oder zufällige Smalltalk-Begegnungen am Rande echter Meetings zu erleben».
Die Reisen des Lebens: Per Kassette von Amerika zur Mama in die Schweiz
Wie alle unsere «Drive your Line»-Gäste fragen wir auch Iris Huggler nach der schönsten Sehenswürdigkeit auf ihrer bisherigen Lebensreise. Sie scheint im Kopf die Kassette zurückzuspulen, verschiedenste Abenteuer nochmals zu durchleben, bis sie schliesslich genau daran hängen bleibt: An einer Kassette. «Kurz nach meinem KV-Abschluss reiste ich für ein Au Pair-Jahr nach Amerika. Den Kontakt mit meiner Mama hielt ich damals, in dem wir uns Kassetten hin und her geschickt hatten – verrückt», erinnert sie sich schmunzelnd. Die gesamte Zeit in den USA und der Mut, den sie aus dieser Zeit geschöpft hat, ergänzen sich perfekt mit ihrem Credo, dass die heutige Inhaberin des Beratungsunternehmens Huggler Consulting GmbH täglich begleitet: «Mach das, was du tust, mit viel Leidenschaft, Motivation, bleibe agil aber vergesse nie, für deine Leidenschaft zu brennen.»